Der europäische Fußballverband UEFA hat die Agapedia Stiftung für Kinder, Soziales und Bildungvon Jürgen Klinsmann als Gewinner des UEFA Foundation for Children Award 2021 ausgezeichnet. Die DFB-Stiftung Sepp Herberger schlug die Agepedia Stiftung vor.
Das Haus in der Ulmer Straße, die Nummer 29/2 in Esslingen am Neckar, gibt seinen Charme erst auf den zweiten Blick preis. Zweite Reihe, fast etwas versteck, ein paar Schritte links, rechts und wieder rechts liegt der Garten wie hinter einem magischen Tor verborgen.
Ein kleines Paradies. In dem sitzt heute Jürgen Klinsmann in der Sonne und isst. Der 57-jährige versucht es jedenfalls. Zugegeben, mit mäßigem Erfolg. In keinem seiner 108 Länderspiele war es wohl so schwierig, am Ball zu bleiben.
Hilfsprojekt besteht seit 25 Jahren
Es wird Geburtstag gefeiert. Der 25. Jahrestag eines besonderen Hilfsprojektes, dem sich der Weltmeister von 1990 zusammen mit seinem Jugendfreund Stefan Barth und dessen Frau Marika seit 1995 widmen – Agapedia. Der Stiftungsname setzt sich aus dem griechischen Wort „Agape“ (Liebe) und dem altgriechischen „Pedia“ (Kinder) zusammen.
Um Kinder geht es seitdem in inzwischen zwei Hilfszentren in Deutschland und Einrichtungen für verlassene Kinder und Waisenkinder in vier Ländern in Osteuropa wie Rumänien, Georgien, Moldau und Bulgarien.
Heute bilden die Zentren Betreuer und Pflegekräfte aus. Freiwillige Helfer aus ganz Europa komplettieren die Mannschaft, um Kindern spielerisch gesellschaftliche Werte zu vermitteln oder ihnen schlicht, frei von Erwartungsdruck, Raum für sich selbst zu bieten.
Hilfszentren für verlassene Kinder und Waisenkinder
In Esslingen ist die Bude ist voll. An diesem Tag noch mehr als sonst, wenn täglich mehr als 60 Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren kommen, um ihre Freizeit sinnvoll, jenseits des streng getakteten Schulalltags zu verbringen.
Weltmeister-Kollege Guido Buchwald ist da, der immer aufläuft, wenn Stiftungsvater Klinsmann verhindert ist. Eric Gauthier, ein weltweit geschätzter Kanadischer Choreograph und Balletttänzer, hat gleich seine drei Kinder mitgebracht.
Dazu die große Crew der leidenschaftlichen Agapedia-Betreuer, viele Mitstreiter und Gäste. Dazu zählt auch Tobias Wrzesinski, der Geschäftsführer der DFB-Stiftung Sepp Herberger, die sich seit Jahrzehnten auf die Fahnen geschrieben hat, Hilfsprojekte in aller Welt nachhaltig zu fördern.
Gewinner des UEFA Foundation for Children Award 2021
Diesmal hat die Sepp-Herberger-Stiftung bei der UEFA die Türen geöffnet. Der europäische Fußballverband hat die Agapedia Stiftung für Kinder, Soziales und Bildung als Gewinner des UEFA Foundation for Children Award 2021 auserkoren.
Dafür gibt es einen Scheck über 53000 Euro, unterschrieben von UEFA Präsident Aleksander Ceferin. Den nimmt Klinsmann entgegen und findet sichtlich bewegt kaum Worte. „Danke“, sagt er kurz. Von Stolz spricht er und sagt: „25 Jahre sind eine Strecke. Diese Langfristigkeit gibt Dir Glaubwürdigkeit.“
„Wir beim DFB wissen zu schätzen, was sie alle tun,“ sagt Tobias Wrzesinski als Vertreter des DFB, der seit vielen Jahren Partner der Agapedia Stiftung ist. „Auch deshalb haben wir bei der UEFA ihr Projekt für den Award vorgeschlagen,“ so Wrzesinski.
Marika Barth ist noch ein Stück emotionaler und erzählt mit Tränen in den Augen von den Anfängen 1994. Die deutsche Nationalmannschaft gastiert in Albanien zu einem Qualifikationsspiel. Die Barths leiten ein Projekt in der Hauptstadt Tirana. Stefan Barth lädt seinen Schulkameraden aus alten Tagen ein.
Klinsmann: „Das Projekt war genau was ich gesucht hatte“
„Das Projekt war genau was ich gesucht hatte, etwas, was nicht anonym war,“ erzählt Klinsmann und bringt seine Ideen ein. Der Pioniergeist des heute 57-jährigen und die unerschöpfliche Hingabe der Barths münden in einem viele Länder umspannenden Hilfsprojekt.
Nicht nur die Einnahmen aus „Klinsis“ Abschiedsspiel 1999 fließen in Charity-Projekte (die Hälfte geht an Agapedia). Aus einer Immobilie in Geislingen entsteht 2019 das zweite deutsche Zentrum. Das Gebäude in Esslingen, eine Art zauberhafter Villa Kunterbunt, wird für 1,3 Millionen Mark renoviert und stetig ausgebaut. Ohne öffentliche Gelder.
Heute sitzen auch einige Ehemalige im Garten, die als Kinder das Projekt besuchen und heute selbst Eltern sind. Das, so sagen die Stiftungsgründer, sei ein ganz besonderer emotionaler Moment.
Im Garten an der Ulmer Straße staunen die Gäste über Zaubertricks, artistische Vorführungen, Gesang und genießen ein buntes Gartenfest mit Salaten und Leckereien vom Grill. Außer den Barths und Klinsmann. Statt sich nach Wochen der Festplanung zu stärken, reden sie, danken, motivieren und schwelgen in Erinnerungen. Und sie planen neue Projekte, weil das Herz von Agapedia nie aufhört zu schlagen.
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